Wie Ophardt Maritim mit Creo und Windchill die ZeroDark-Boote konstruiert

Anwenderbericht

Firma: Ophardt R+D GmbH + Co. KG

Themen: Produktentwicklung, Konstruktion & Entwicklung (CAD), Produktdatenmanagement (PDM/PLM), Simulation, INNEO Effizienztools, Digitale Realität, 3D-Rendering (CGI)

Branche: Sonstige

Erschienen in:

IT & Production online

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Pfeilschnelles Engineering

Aluminiumboote sind gerade bei Polizei, Küstenwachen, Fischern und allen anderen, die unter rauen Bedingungen aufs Meer müssen, beliebt. Denn anders als Faserverbundwerkstoffe verkraftet Alu auch mal harte Schläge ohne Bruch. Ophardt Maritim ist ein Spezialist für sehr schnelle Aluminiumboote von 9 bis 17 Metern Länge. Konstruiert werden die Boote mit PTC Creo und Windchill.

Firmengründer Hermann Ophardt revolutionierte Anfang der 1960er Jahre die Krankenhaus- und Betriebshygiene, als er Desinfektionsspendersysteme aus Aluminium erfand. Er gründete die Ophardt Unternehmensgruppe, die heute über 400 Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahr 2000 kehrte Hermann Ophardt zu seinen Wurzeln als Schiffsbauingenieur zurück und gründete die Ophardt R+D GmbH und Co. KG. Die Idee war, durch Automatisierung und Beschränkung auf wenige Längenstufen Rümpfe für Aluminiumboote effizient und preisgünstig herstellen zu können. Die Rümpfe wurden dann unter der Marke Ophardt Maritim an andere Firmen verkauft, die auf deren Basis komplette Boote bauten. Seit Mitte 2017 bietet die Firma auch selbst schlüsselfertige und ausgerüstete Boote an.

Wasserschlüpfrige Formen

Der Bootsbau, gerade aus Aluminium, birgt eine Reihe von Herausforderungen. Runde, wasserschlüpfrige Formen machen es schwer. Bezugspunkte und -linien zu finden, anhand derer beispielsweise Einbauten platziert werden. Trotz der Serienfertigung sind die Boote am Ende doch sehr individuell ausgerüstet, weshalb eine effiziente Konstruktionsumgebung aufzubauen ein wichtiger Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit ist. Diese basiert schon seit der Gründung auf PTC Creo, die damals noch unter dem Namen Pro/Engineer Wildfire bekannt war. In dieser Software bauten die Konstrukteure Anfang der 2000er Jahre ein komplett durchdetailliertes Modell der Ausbau-Rümpfe, das sich über Parameter anpassen ließ, um individuelle Anbauten oder unterschiedliche Bootslängen zu erzeugen. Die Intelligenz im Modell stellte sicher, dass die Spanten CE-gerecht im Maximalabstand von 60cm gesetzt werden.

Top-Down aus der Zeit gefallen

Dieses Komplettmodell ist Top-Down aufgebaut, an Änderungen kann immer nur ein Mitarbeiter arbeiten. Das Aufrufen eines einzelnen Bauteils würde die Verknüpfungen zerstören, da das Modell einem monolithischen Block gleicht. Nach jeder Änderung regeneriert sich das Modell komplett durch, was lange dauert. Gemeinsam mit der Beschränkung auf einen einzelnen Bearbeiter bremste dieses Modell die Konstruktionsarbeit stark aus. „Das CAD-Modell war eben auf Serienbau von Rümpfen ausgelegt“, erläutert Konstruktionsleiter Hassan Bouassaria, „bei dem nicht viele Änderungen notwendig sind. Es zeigte sich aber, dass die Kunden sehr unterschiedlich ausgestattete Boote und damit individuell an die jeweilige Mission angepasste Rümpfe benötigen. Inzwischen haben wir die Firmenstrategie geändert, um den Wünschen der Kunden nachzukommen, und bauen schlüsselfertige Komplettboote. Das wirkt sich natürlich auf die CAD-Strategie aus.

Update unausweichlich

So wurde zunächst ein zweites CAD-System eingeführt, um Aufbauten schneller und möglichst unabhängig von den unflexiblen Rumpfmodellen konstruieren zu können. Daraus ergaben sich jedoch neue Probleme an der Schnittstelle zwischen Rumpf und Auf- bzw. Einbauten. Es wurde klar, dass sich mit der bestehenden – zudem veralteten – CAD-Installation die Anforderungen der aktuellen Lage nicht umsetzen ließen. Bouassaria entschied sich, die Entwicklungsumgebung auf PTC Creo zu aktualisieren und zu konsolidieren und zudem das PLM-System PTC Windchill zu installieren, um die Konstruktionsdaten zu verwalten. Schließlich sollte mit Creo Simulation und Ansys eine zweistufige Simulationslösung implementiert werden.

Problemlos parallel arbeiten

Das Projekt startete im Jahr 2019 und als Implementierungspartner wurde das Systemhaus INNEO ausgewählt. In mehreren Sitzungen analysierten die Ellwangener PTC-Spezialisten die aktuelle Hard- und Software- sowie Datensituation und entwickelten eine Strategie für die Umstellung. Ein Bestandteil dieser Strategie war die Anbindung der CAM-Arbeitsplätze, um NC-Programme mit den Konstruktionsdaten zentral verwalten zu können. Heute werden Neukonstruktionen mit einem Designer aus Barcelona und einem Schiffsbauingenieur sowie einem Layoutspezialisten gestartet. Die Modelle werden Bottom-Up aufgebaut, sodass aus Einzelteilen Baugruppen, Oberbaugruppen und schließlich das Komplettmodell entstehen. Die Grundmaße sind dabei in einer Skelettdatei abgelegt und in die Baugruppenstruktur verlinkt. So bleibt der Vorteil der Parametrisierung gewahrt, für individuelle Anpassungen lassen sich die Baugruppen jedoch unabhängig voneinander öffnen, kopieren und bearbeiten. „So können wir parallel an einem Bootsmodell und damit effizienter und schneller arbeiten“, erläutert Bouassaria. „Und Windchill verhindert, dass man sich gegenseitig die Arbeit überschreibt.

Mit Spezialsoftware simuliert

Die Herausforderungen im Bootsbau sind mannigfaltig. Die Position des Schwerpunkts ist zum Beispiel sehr wichtig, damit das Boot richtig im Wasser liegt und unter allen Bedingungen sicher zu fahren ist. Der Schwerpunkt darf sich durch Passagiere und Zuladung deshalb nicht allzu sehr verschieben – das lässt sich in einem vollständigen Modell des Boots sehr schön virtuell überprüfen. Die Festigkeit des Bootsrumpfs und der Einbauten wird virtuell getestet. Zum einen steht den Ingenieuren Creo Simulation zur Verfügung, um überschlägig ihre Konstruktionen zu simulieren. Um noch realistischere Ergebnisse zu erhalten, setzt Ophardt Maritim zum anderen die Simulationswerkzeuge von Ansys ein. „Die hohen Geschwindigkeiten, die unsere Boote erreichen, lassen sich in keinem Schlepptank dieser Welt physisch testen“, sagt Bouassaria, „deshalb sind wir dabei, auch Strömungssimulation für die Auslegung der hydrodynamischen Form unserer Boote zu nutzen.

Flexibel durch formlosen Bau

Das Schöne am Alubootsbau ist, dass man keine Formkosten hat“, wirft CEO Michael Mathias ein. „So können wir im Gegensatz zu Werften, die GFK-Boote bauen, jederzeit an der Rumpfform optimieren oder auf Anforderungen des Kunden reagieren. Unsere durchgängige Entwicklungsumgebung unterstützt uns dabei: Man ändert das Modell, passt die Flächen an, erstellt die Abwicklungen und gibt die Daten an die CAM-Programmierung weiter, wo dann die Programme für die neuen Bleche erstellt werden. Lasern, Schweißen, fertig ist der neue Rumpf – und alle Unterlagen bis hin zur Dokumentation passen sich aufgrund der Datendurchgängigkeit an.

CAD als Vertriebswerkzeug

Seit kurzem nutzen die Ophardt-Konstrukteure das ebenfalls von INNEO vertriebene KeyShot, um fotorealistische Ansichten bzw. Renderings der Boote zu erzeugen – sehr hilfreich bei den strengen Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Auftraggeber. Auch über den Einsatz von Virtual und Augmented Reality (VR/AR) denkt Bouassaria nach, vor allem, um die Ergonomie der Boote zu untersuchen: „Der Bug des Boots hebt sich beim Beschleunigen, da wäre es interessant, virtuell am Steuer zu stehen und nachzuvollziehen, inwieweit das die Sicht stört.

Zusatztools erhöhen Effizienz

INNEO liefert auch die GENIUS TOOLS, in denen alle Kaufteile verwaltet werden. Mathias erläutert: „Mit Hilfe des in den GENIUS TOOLS verfügbaren Baugruppenreports kann der Einkauf sofort an die Arbeit gehen, wenn die Konstruktion fertig ist, und die Kaufteile bestellen.“ Zudem lasse sich so die Teilevielfalt begrenzen und die Wiederverwendung fördern. Die GENIUS TOOLS bieten zudem ein Benennungstool, in dem Benennungen für Teile und Baugruppen gesucht und vergeben werden können. Da dort auch Benennungen in anderen Sprachen hinterlegt sind, ist das Übersetzen von Zeichnungen auf Knopfdruck möglich.

Durchgängiges Engineering

Wenn wir nicht in der Lage sind, Boote in wenigen Tagen oder Wochen umzubauen, funktioniert das Geschäft nicht“, fasst Mathias zusammen. „Früher entwickelten wir ein Produkt und suchten dann dazu einen Einsatzzweck, heute sind wir in der Lage, sehr schnell, und effizient das Boot zu entwickeln, das unser Kunde wirklich braucht. Das wäre ohne die umfassende und durchgängige Lösung, die INNEO für uns geschaffen hat, nicht möglich.

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