Laserstrahlen modellieren
Firma: GFH GmbH
Themen: Produktentwicklung, Konstruktion & Entwicklung (CAD), Simulation, INNEO Effizienztools
Branche: Apparate- & Anlagenbau
Erschienen in:
Bericht herunterladen ZurückGFH entwickelt mit der 3D-CAD/CAM-Lösung „PTC Creo“ Bearbeitungsmaschinen, die einen Ultrakurzpulslaser nutzen. Dieser ermöglicht extrem kleine und präzise Bearbeitungen. Die Creo-Installation betreut dabei INNEO.
Die im niederbayerischen Deggendorf beheimatete GFH GmbH entstand aus einem Unternehmen, das im Jahr 1998 gegründet wurde. Das zunächst in der Fertigungsprozessplanung tätige Unternehmen baut seit 1999 Erfahrungen im Umgang mit Lasern auf, die erste Lasermikrobearbeitungsanlage entstand 2008. Im Jahr 2008 wurde mit der GL.evo eine Drei/Fünfachsmaschine eingeführt, die heute von einer kompakteren Version namens GL.Compact ergänzt wird. Derzeit hat das Unternehmen 65 Mitarbeiter, das Wachstum liegt seit einigen Jahren bei 50 Prozent oder mehr.
Die Maschinen bestehen aus einem Granitbett, auf dem eine Drei- bis Fünfachskinematik aufgebaut wird. Die Achsen werden über Luftlagerung und Magnetlinearantriebe bewegt. Die Laserquelle steht neben beziehungsweise auf der Maschine, der Laserstrahl wird über Spiegel und Optiken an den Achsen entlanggeführt, bis er am Bearbeitungskopf durch eine Gasdüse austritt und auf den Werkstoff trifft. Der Gasfluss sorgt zum einen für eine Inertatmosphäre, zum anderen transportiert er das verdampfte Metall weg vom Werkstück.
Abgewinkelter Strahl
Zusätzlich ist direkt nach der Laserquelle eine Rotationseinheit angebracht, die den Strahl abwinkelt und auf einer Kreisbahn mit sehr kleinem Durchmesser führt. Der Laserstrahl taumelt und bewegt sich also ständig. Dies verhindert, dass der Schnitt nach unten hin immer breiter wird, wie es in herkömmlichen Maschinen der Fall ist. Zudem lassen sich so Hinterschnitte und konische Düsenöffnungen herstellen.
Die Technologie hat gegenüber herkömmlichen Verfahren mehrere Vorteile: Es lassen sich extrem präzise Bearbeitungen an Metallen vornehmen. Mit dem Laserstrahl kann gebohrt, geschnitten, abgetragen oder gedreht werden – und das sehr genau und in sehr kleinem Maßstab.
Dabei überträgt der Laserstrahl praktisch keine Wärme an das Werkstück, sodass keine Grate und kein Verzug entstehen. Zudem wirken keine mechanischen Kräfte auf das Werkstück, was bei sehr kleinen Bauteilen, beispielsweise beim Drehen von Teilen aus Rohmaterial mit weniger als einem Millimeter Durchmesser ebenfalls von Vorteil ist und Verformungen verhindert.
Die Kunden finden sich in der ganzen Welt unter anderem in der Automobilindustrie sowie in Branchen wie Uhren, Medizintechnik und Elektronik. Unter anderen werden ultrafeine Düsenbohrungen von Benzin-Direkteinspritzmotoren auf GFH-Maschinen hergestellt, ebenso wie extrem kleine Zahnräder und andere Komponenten für die Uhrenindustrie, funktionale Flächen in Lagerbauteilen oder auch chirurgische Instrumente und Implantate.
Kein Verschleiß
Die Investitionskosten für die Maschinen sind relativ hoch, die Unterhaltskosten dagegen extrem niedrig – der Laserstrahl verschleißt ebenso wenig wie die luftgelagerten Führungen. Allerdings ist die Programmierung der Maschinen alles andere als trivial, da die ›Flughöhe‹ der Gasdüse, aus der der Laserstrahl austritt, unter einem Millimeter liegt.
Zudem ist die „Suche nach dem Mikrometer“, wie Geschäftsführer Anton Pauli sagt, sehr komplex, viele Parameter der Mechanik und des Lasers spielen eine Rolle. Deshalb entwickelt GFH im Kundenauftrag und in Zusammenarbeit mit diesem Kunden Bearbeitungsprozesse, die der Kunde dann auf seiner Maschine nutzen kann. Dazu nutzen die GFH-Programmierer eine Reihe der eigenen Maschinen, die auch zur Auftragsfertigung genutzt werden.
Seit vielen Jahren nutzt GFH das CAD-System Creo, ursprünglich unter dem Namen Pro/Engineer. Zu Beginn baute man bei GFH Sondermaschinen für Kunden aus dem Automobilbereich, die überwiegend Creo einsetzten. „Da haben wir nicht lange ausgewählt, sondern das System genommen, das die meisten benutzen“, erinnert sich Pauli. Konstruktionsleiter Johannes Sagstetter ergänzt: „Allerdings hat sich inzwischen gezeigt, dass Creo für unsere Anforderungen optimal ist, viele andere Systeme wären mit unseren komplexen Modellen überfordert.“
Die Maschinen sind praktisch immer Sonderkonstruktionen auf Basis der beiden Grundmodelle. Alleine 10 bis 20 verschiedene optionale Module sorgen dafür, dass keine Maschine der anderen gleicht, zudem werden Kundenwünsche aufgenommen und umgesetzt. Der Konstruktionsaufwand ist also nicht unerheblich.
Diffizile Strahlführung
Eine Herausforderung ist die Führung des Laserstrahls. Bis heute existieren für die Ultrakurzpuls-Lasertechnologie keine Lichtleitfasern, mit denen es relativ einfach wäre, den Laserstrahl an die Werkzeugspitze zu leiten. Stattdessen wird der Strahl über Umlenkspiegel an den Achsen entlanggeführt. Diese mehrfache Umlenkung und die weiteren optischen Bauteile, die in der Anlage verbaut sind, verändern den Laserstrahl, zudem verändert sich der Abstand zwischen den Spiegeln auf den Achsen, wenn der Kopf verfährt.
Eine genaue, physikalisch korrekte Simulation des Strahls – der durch die Rotation eher als Strahlenbündel repräsentiert werden kann – ist deshalb unverzichtbar, wenn es darum geht, die Position und den Durchmesser des Strahls in der Gasdüse zu bestimmen. Letztere sollte so klein wie möglich sein, um möglichst wenig des teuren Prozessgases verbrauchen zu müssen. Die Düse ist lediglich 0,5 Millimeter im Durchmesser, der Laserstrahl beziehungsweise das Strahlenbündel minimal 30 Mikrometer dick.
In seiner Masterarbeit berechnete und implementierte GFH-Mitarbeiter Alois Röhrl den Strahlengang in Creo. „Die Herausforderung war“, so Pauli, „dass die Mathematik, die den Laserstrahl und seine Veränderung in den Optiken und Spiegeln führt, bekannt ist, aber auch sehr komplex. Dies dann so in ein CAD-Modell einzubauen, dass das Strahlenbündel zum einen realistisch abgebildet wurde, es sich zum anderen jedoch auch über die Parametrik der CAD-Software an das CAD-Modell anpasst, ist alles andere als trivial. Schließlich sollen sich die Achsen des CAD-Modells bewegen und der Strahl für die neue Situation berechnen lassen.“
Einfachere Fehlersuche
Immer wieder stehen die GFH-Spezialisten vor der Ausgangslage, dass Löcher, die an einem Ende des Arbeitsraums gebohrt werden, anders aussehen als solche vom anderen Ende oder diagonal gegenüber. Das neu entwickelte CAD-Modell kann dann zur Fehlersuche eingesetzt werden, indem die Bearbeitung simuliert und die Eigenschaften des Laserstrahls an den verschiedenen Positionen analysiert werden.
So können die Ingenieure herausfinden, ob sich die Abweichung durch die unvermeidlichen Veränderungen des Laserstrahls ergibt, die aus der Veränderung der Strahlganglänge in den Achsen entsteht, oder andere Faktoren hereinspielen. „Das ist genau die angesprochene Suche nach dem Mikrometer“, verdeutlicht Pauli. „Das neue CAD-Modell ist ein mächtiges Werkzeug, das uns die Anpassung der Maschinen an die Kundenanforderungen und die Prozessentwicklung sehr erleichtern wird.“
Die Berechnungen laufen über eine mit dem CAD-Modell verbundene Excelarbeitsmappe. Zur Darstellung der Gleichungen wird zusätzlich ›MathCad‹ eingesetzt, darüber hinaus wird das Modell über Parameter und Beziehungen gesteuert. Das CAD-System liefert Parameter wie die Positionen der Spiegel zueinander und deren Abstand, sodass sich die Auffächerung des Laserstrahls über den Strahlweg berechnen lässt.
Zudem wird die Strahlgeometrie an jedem Umlenkpunkt berechnet und eine Fläche über die Strahlenbündel gebildet. Diese dient wiederum zur Steuerung der Modellierung des Strahls im CAD-Modell. So entsteht ein Strahlengang, der – bis auf unvermeidliche Idealisierungen – der Realität entspricht.
„Abseits solcher Hightechanwendungen nutzen wir Creo für die ganz normale Produktentwicklung“, so Sagstetter weiter. „Immer wichtiger wird auch die Automatisierung, um die winzigen Werkstücke möglichst genau positioniert einzulegen und nach der Bearbeitung herauszunehmen. Viele unserer Anlagen laufen über Nacht mannlos, am Tag werden dann eher komplexe Bearbeitungen abgearbeitet, die einen Bediener erfordern. Größere Bearbeitungen können ein ganzes Wochenende oder länger laufen, was wir beispielsweise bei der Auslegung der Absaugung berücksichtigen müssen.“
Derzeit arbeitet Sagstetter mit dem Animationsmodul Creo Mechanisms, um eine komplexe Kinematik in einem Video präsentieren zu können. „Wir waren schon beim Kunden und haben versucht, einen komplexen Ablauf mit einer 50-seitigen PowerPoint-Präsentation zu erklären. Ein kleines Video vereinfacht die Kommunikation sehr, der Kunde versteht viel schneller und wir haben weniger Arbeit.“
Prozesse entwickeln
Auch in der Prozessentwicklung wird Creo eingesetzt, wie Sagstetter ausführt. „Wir berechnen aus der Endkontur und der Rohteilgeometrie, die wir vom Kunden geliefert bekommen, das abzutragende Volumen. Dabei müssen wir dieses Volumen noch verändern, um beispielsweise bis über eine Kante hinauszufahren, um bis zur Kante eine perfekte Oberfläche zu erhalten. Dann berechnen wir die Schichten, in denen wir Material abtragen, und programmieren schließlich den G-Code, der die Maschine steuert.“
Um die Arbeit zu vereinfachen, setzt GFH die ›Startup TOOLS‹ ein, eine Werkzeugsammlung für Creo, die von INNEO entwickelt wurde. Das Ellwangener Systemhaus hat jahrzehntelange Erfahrung mit Creo, die sich in den Startup TOOLS wiederfindet.
So vereinfachen die Startup TOOLS das Anlegen von Teilen ohne Geometrie, die Teile repräsentieren, die im CAD-Modell nicht berücksichtigt sind, beispielsweise die Verkabelung der Maschine. „Wir brauchen diese Teile, um aus den CAD-Modellen komplette Stücklisten extrahieren zu können. So lassen sich Fehler, die beim manuellen Aufbau der Stückliste unweigerlich einschleichen, vermeiden.“
Er erläutert das Vorgehen: „Mithilfe der ›Startup TOOLS‹ konnten wir komplexe Teile ohne Geometrie erzeugen, beispielsweise Kabel, die aus der Leitung, den Kabelschuhen und den Steckergehäusen bestehen. Die Bestandteile lassen sich durch die ›Startup TOOLS‹ aus Dropdown-Menüs zusammenstellen, was eine große Arbeitserleichterung bedeutet. Bei der ersten Maschine, an der wir diese Methode anwandten, erhielten wir aufs erste Mal eine fast perfekte Stückliste, es sind nur noch einige Feinjustierungen notwendig, um beispielsweise alle Schraubenlängen in die Stückliste zu bekommen.“
Die Zusammenarbeit mit INNEO ist eng und effizient, wie Sagstetter anmerkt: „Wir hatten in letzter Zeit eine Lizenzumstellung, die dank INNEO sehr reibungslos über die Bühne ging. Der Support hilft uns weiter, wenn wir nicht weiterkommen und die Betreuung durch unsere Ansprechpartner ist sehr gut. Da kann man auch mal am Freitagnachmittag eine Frage stellen und bekommt schnell und kompetent Antworten.“ Pauli ergänzt: „Wir werden 2018 auf Creo 4 und die ›Startup TOOLS 2016‹ umstellen. Da habe ich keinerlei Bedenken, dass die Umstellung nicht sauber und effizient abläuft. Ich vertraue da auf INNEO.“
Fakten
Die Industrielle Lasermikrobearbeitungsanlage GL.compact ist auf Anwendungen ausgelegt, die weniger eine hohe Dynamik, als vornehmlich eine zuverlässige Positionierung des Werkstücks zur weiteren Bearbeitung mittels Scanner- oder Wendelbohroptik benötigen. Die Maschine zeichnet sich durch eine sehr kompakte Bauform und eine hohe Flexibilität aus. Durch den Einsatz von modernsten Strahlquellen (fs- und ps-Laser) und der Integrationsmöglichkeit aller vorhandenen Hardwareoptionen kann durch sie das komplette Spektrum der Lasermikrobearbeitung bedient werden.
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Inzwischen ergänzt die kompaktere Version als GL.Compact das Portofolio von GFH. -
Mit dem Laserstrahl kann gebohrt, geschnitten, abgetragen oder gedreht werden – und das sehr genau und in sehr kleinem Maßstab. -
Zudem wirken keine mechanischen Kräfte auf das Werkstück, was bei sehr kleinen Bauteilen, beispielsweise beim Drehen von Teilen aus Rohmaterial mit weniger als einem Millimeter Durchmesser, ebenfalls von Vorteil ist und Verformungen verhindert. -
Der Laserstrahl überträgt praktisch keine Wärme an das Werkstück, sodass keine Grate und kein Verzug entstehen.
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