Komplexe Modelle agil konstruiert

Anwenderbericht
Komplexe Modelle agil konstruiert

Firma: GEA Lyophil

Themen: Produktentwicklung, Konstruktion & Entwicklung (CAD), Produktdatenmanagement (PDM/PLM)

Branche: Apparate- & Anlagenbau, Elektro- & Automatisierungstechnik, Maschinenbau, Medizintechnik

Erschienen in:

konstruktionspraxis

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Das Trocknen von Wirkstoffen durch Einfrieren und Verdampfen ist in der Pharmaindustrie weit verbreitet. Die Anlagen zur Gefriertrocknung sind hochkomplex – dementsprechend komplex sind auch die CAD-Modelle. Die Konstrukteure bei GEA Lyophil arbeiten mit Creo und profitieren dank der Unterstützung von INNEO jetzt von deutlich beschleunigten Ladezeiten der Modelle.

Das Trocknen durch Einfrieren und Verdampfen ist in der Pharmaindustrie weit verbreitet, um Wirkstoffe zu trocknen und damit haltbar zu machen. Die Anlagen zur Gefriertrocknung, wie sie GEA Lyophil in Hürth anbietet, sind hochkomplex und beinhalten eine Vielzahl von Einzelprozessen. Dementsprechend komplex sind auch die CAD-Modelle, die GEA im CAD-System Creo erstellt.

GEA Lyophil hat sich auf Gefriertrocknungsanlagen für die Pharmabranche spezialisiert. Der Firmenname erklärt sich aus dem Prozess in den Anlagen, der Fachbegriff für Gefriertrocknung ist „Lyophilisierung“, der Begriff „lyophil“ bedeutet in der Chemie leichtlöslich oder Lösungsmittel aufnehmend. Gefriertrockner entfernen das Lösungsmittel, meist Wasser, aus einer Flüssigkeit durch starkes Abkühlen und Vakuum. Das Lösungsmittel gefriert dabei und verdampft sehr schnell und ohne einen Übergang in die flüssige Phase, so dass am Ende des Prozesses die gelösten Bestandteile übrigbleiben.

Medikamente bestehen meist aus großen Molekülen eines Wirkstoffs, die in Wasser gelöst sind. Mit der Zeit zersetzen sich diese langkettigen Moleküle und der Wirkstoff wird unbrauchbar. Trocknen verhindert das Zersetzen und macht den Wirkstoff haltbar. Würde man nun beispielsweise das Medikament kochen, um das Wasser zu entfernen, würden die Wirkstoffmoleküle noch sehr viel schneller zerbrechen – Trocknen durch Hitze ist also keine Option.

Wie Gefriertrocknung funktioniert

In den GEA-Gefriertrocknern werden tausende von kleinen Flaschen mit Arzneiwirkstoffen in eine Kammer eingebracht. Auf den Fläschchen ist schon ein Deckel angebracht, aber nicht ganz geschlossen. Sie werden in mehreren Lagen auf Platten aufgestellt. Diese Platten sind zum einen von Silikonöl durchflossen und dienen der Temperaturführung, zum anderen wird am Ende der Gefriertrocknung das Plattenpaket zusammengefahren und damit die Deckelendgültig zugedrückt. So kann keine Verunreinigung in die Flaschen eindringen, in denen nun nur noch ein Wirkstoffpulver enthalten ist. Nach dem Entnehmen aus der Anlage werden die Verschlüsse noch vercrimpt. Zur Benutzung sticht der Nutzer mit einer Kanüle durch den Deckel, spritzt Kochsalzlösung in die Flasche und löst den Wirkstoff wieder auf.

Konstruktive Herausforderungen: Temperaturschwankungen und Anlagengröße

Nach jedem Gefriertrocknungsdurchgang, der ein bis zwei Tage dauert, wird das Innere der Anlage mit Heißdampf mit 120°C gereinigt und sterilisiert. Danach wird die nächste Charge eingebracht und der nächste Trocknungsvorgang bei - 80°C durchgeführt. „Die Temperaturschwankungen sind enorm“, verdeutlicht Konstrukteur Alexey Bauer, „das müssen wir konstruktiv berücksichtigen. In den Anlagen läuft eine ganze Reihe von Prozessen nacheinander oder parallel ab, hinzu kommen Zuführung und das Verschließen der fertigen Produkte. Das berührt eine ganze Reihe von verfahrenstechnischen Prozessen und macht die Anlagen sehr komplex.

Hinzu kommt, dass die Anlagen teils sehr groß sind, die Palette reicht von Laboranlagen in der Größe eines zweiflügeligen Standkühlschranks bis zu mehrere Stockwerke hohen Anlagen, die in einer größeren Fertigungslinie eingebunden sind. Deshalb hat die Arbeit in der Konstruktionsabteilung viel mit Gebäuden zu tun – wenn es um das Einpassen von Anlagen in bestehende Gebäude und Produktionsanlagen geht oder um die Aufstellsituation und Montage.

Echter Sondermaschinenbau – kundenindividuelle Anlagen

Jede Anlage ist individuell auf den Prozess und den Kunden zugeschnitten, es handelt sich also um echten Sondermaschinenbau. Lediglich Komponenten können wiederverwendet werden, die Mehrzahl der Teile und Baugruppen ist spezifisch für eine Anlage. Aufgrund dieser Komplexität wurde schon früh auf 3D-CAD gesetzt und im Jahr 2004 Creo eingeführt, damals noch unter dem Namen Pro/Engineer. Die Konstrukteure modellierten zunächst vor allem die Kammer und den Kondensator der Trocknungsanlagen, während die vielen Rohrleitungen von Hand nach den PI&D-Plänen (Piping and Instrumentation Diagram, Rohrleitungs- und Instrumentierungsdiagramm) gefertigt wurden.

In den letzten Jahren stiegen die Anforderungen der Kunden an die Lieferzeiten“, erinnert sich Bauer. „Eine Analyse ergab, dass die größten Potentiale zur Zeiteinsparung in der Fertigung lagen und dort vor allem im Rohrleitungsbau.

Zudem forderten die Kunden immer öfter ein komplettes Modell der Maschine, am besten in Navisworks. Navisworks wird hauptsächlich für die 3D-Entwurfsüberprüfung in der Architektur-, Ingenieur- und Baubranche zur Ergänzung von 3D-Designpaketen verwendet und ermöglicht es, die Aufstellsituation im Gebäude zu analysieren. Dazu sind möglichst komplette 3D-Daten aller Maschinenbestandteile notwendig.

Herausforderung Zeit: Auch große Modelle nutzbar machen

Ziel war es also, die Anlage mit allen Rohrleitungen in Creo zu modellieren. Bei den ersten Versuchen dazu zeigte sich ein neues Problem: Die Modelle wurden so langsam, dass an ein effizientes Arbeiten nicht zu denken war. Allein das Öffnen des Modells einer großen Anlage konnte sechs bis sieben Stunden dauern. Gleichzeitig wurden die Anlagen immer detaillierter, weil sich zeigte, wie sinnvoll die umfassende Darstellung aller Anlagenteile ist, beispielsweise für das Verlegen der Verrohrungen – der Konstrukteur sieht in einem kompletten CAD-Modell sehr genau, wo Platz für eine Leitung oder eine Komponente ist.

In ihrer Not wandten sich die GEA-Verantwortlichen an INNEO, einen Spezialisten für Creo, Produktentwicklung und Konstruktionsmethodik. „Schon beim zweiten Telefonat hatten wir einen echten Spezialisten am Telefon“, erinnert sich Bauer. „Dieser meinte nur, wenn ein Modell mehr als fünf Minuten zum Laden benötige, sei etwas bei der Modellierung falschgelaufen. Er analysierte sehr schnell und konnte uns schon am Telefon die ersten Tipps geben, wie wir Creo so einstellen, dass auch große Modelle nutzbar bleiben.“ Als diese Tipps merkliche Wirkung zeigten, wurde eine engere Zusammenarbeit vereinbart.

Das war nicht einfach“, denkt Bauer an die Zeit vor etwa zwei Jahren zurück. „Die INNEO-Spezialisten stellten jede einzelne Einstellung und jeden Ablauf in der Konstruktion auf den Prüfstand. Oft zeigte es sich, dass die von INNEO vorgeschlagenen Abläufe nicht nur einfacher waren, sondern auch das Modell weniger belasteten.“ Die Neuerungen, die gemeinsam mit INNEO entwickelt wurden, legte Bauer in detaillierten Arbeitsanweisungen nieder, damit sie von allen Konstrukteuren an den inzwischen über 30 Creo-Arbeitsplätzen umgesetzt werden konnten.

Vorteile auch und besonders in späten Konstruktionsphasen

Einer der wichtigsten Tipps war die Nutzung von Creo Piping für die Modellierung der Rohrleitungen, Ventile und Instrumente. Bauer erinnert sich: „Wir hatten etwa 2005 oder2006 schon einmal mit Creo Piping experimentiert und keine guten Erfahrungen gemacht. Damals war das System noch nicht so weit, dass wir es effizient nutzen konnten und so arbeiteten wir über viele Jahre ohne das Piping-Modul. Allerdings war genau diese manuelle Rohrkonstruktion einer der wichtigsten Gründe für die exponentiell wachsenden Bearbeitungszeiten.

Im Jahr 2023 wurde deshalb ein weiterer Versuch mit Creo Piping unternommen und es zeigte sich schnell, dass die Software große Fortschritte gemacht hatte. Bauer berichtet: „Wir starteten Anfang August mit einer ersten Besprechung, danach war ein INNEO-Mitarbeiter eine Woche bei uns, um die Situation zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten. Diese waren nach einem Monat komplettumgesetzt, inklusive der Einführung von Creo Piping.

Im November startete dann das erste Projekt, bei dem die INNEO-Vorschläge von Beginn an umgesetzt wurden. Die Ergebnisse überraschten die GEA-Konstrukteure: Statt 25 Minutendauerte das Öffnen der kompletten Baugruppe nur noch dreieinhalb Minuten. Es war problemlos möglich, in der Hauptbaugruppe zu arbeiten, was vor allem in späten Phasen der Konstruktion wichtig ist, um den zur Verfügung stehenden Raum nutzen zu können.

Gesucht: Mehr Optimierungspotenzial

Und nicht zuletzt ist Creo Piping eine große Erleichterung, wie Bauer aufzählt: „Eine Flanschverbindung muss nicht mehr mit allen Einzelteilen modelliert werden, sondern ist mit einem Mausklick definiert. Jede Rohrleitung kann anders eingefärbt werden, was das Verstehen der Anlage stark vereinfacht. Zudem sind die Modelle sind wesentlich agiler geworden und lassen sich sehr effizient bearbeiten. Wir sind noch mitten im Prozess, Piping richtig einzusetzen, aber schon jetzt leistet das Modul mehr, als wir erwartet hatten. Inzwischen können wir Piping in jedem Projekt einsetzen und sind gespannt auf das erste Großprojekt, das wir von Beginn an mit dem neuen System realisieren.

Der Konstrukteur fährt fort: „Dabei nutzen wir nicht einmal das volle Potenzial des Systems, weil wir bisher unsere eigenen Bibliotheken für Fittings und Verrohrungen nutzen statt der von INNEO gelieferten. Aber in unseren Bibliotheken steckt viel Arbeit und die Anpassung der INNEO-Bibliotheken an unsere Bedürfnisse würde viel Zeit kosten.

Als nächstes soll eine tiefgehende Systemanalyse weitere Verbesserungspotenziale aufdecken, denn weitere Optimierungen sind notwendig, wie Bauer erläutert: „Beim heutigen Fachkräftemangel können wir Wachstum nicht einfach durch mehr Mitarbeiter abfangen, sondern müssen die bestehende Mannschaft effizienter machen. Bessere Werkzeuge bedeuten weniger unproduktive Wartezeiten. Für uns ist CAD nicht Selbstzweck, sondern einfach ein Werkzeug, das funktionieren soll – eigentlich sind alle Konstrukteure Verfahrenstechniker.

In einem Jahr wird GEA Lyophil an einen größeren Standort umziehen“, schaut Bauer in die Zukunft. „Dann wollen wir Windchill großflächig implementieren und im gesamten Prozess nutzen. Ein Projekt dazu läuft aktuell mit INNEO. Nach den durchweg positiven Erfahrungen, die wir mit INNEO gesammelt haben, sind wir sicher, dass auch dieses Projekt uns einen großen Schritt voranbringt. Wir wollen die Zusammenarbeit weiter vertiefen und freuen uns schon darauf.

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